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Die Diskussion um Anonymität im Netz ist so alt wie das Internet. Anonymität nutze nur den Kriminellen, sagen Sicherheitsfanatiker. Anonymität sei ein Schutz, um frei zu kommunizieren und intime Daten vertraulich zu halten. Nicht umsonst sei das Wahlgeheimnis durch die Verfassung garantiert, sagen die anderen. Und auch ich meine, eine Demokratie kann nicht richtig funktionieren, wenn nur eine Minderheit anonym und geheim, per Gesetz, die Mehrheit überwacht und und die Mehrheit gezwungen ist, zu jeder Zeit die eigene Identität offenzulegen. Wir sollten darum das Anonymitäts-Recht jedes Bürgers verteidigen. Und uns informieren, wie wir auch im Internet, wenn wir es wollen, weitgehend anonym bleiben können.
Um die eigene IP-Adresse zu verschleiern und eine Internetverbindung anonym zu halten, kann man zwei unterschiedliche Methoden einsetzen. Entweder man lässt seine Datenverbindung durch das Tor-Netzwerk laufen oder über einen Provider, der ein Virtuelles Privates Netz (VPN) anbietet. Im Tor-Netzwerk wird jeder Webseiten-Aufruf durch drei unbekannte Computer des Netzwerkes geschleift, sodass der aufgerufene Web-Server nur die IP-Adresse des letzten (Exit-)Computers speichern kann. Für die Nutzung auf Android-Geräten hat das Guardianprojekt zwei Opensource-Apps enwickelt (Orbot und Orweb), die die Nutzung des Tor-Netzwerkes einfach und unkompliziert machen. Zunächst installiert man die Kommunkationssoftware (Orbot) und anschliessend den für Tor angepassten Browser (Orweb). Die einzelnen Arbeitsschritte sind in einem Tutorial sehr übersichtlich dargestellt. Ist die Installation beendet, drückt man auf die zentrale Taste von Orbot, bis es meldet: „Connected“. Anschliessend erreicht man oben im Menü über das Weltkugel-Symbol mit dem Befehl „Check Browser“ Orweb. Die anonyme Verbindung ist aufgebaut.
Als geeignete VPN-Software für Android möchte ich Steganos Online Shield empfehlen. Bei VPN wird die Datenverbindung vom Nutzer verschlüsselt über einen VPN-Server zur gewünschten Webseite aufgebaut. Die Berliner Firma versichert in ihren Datenschutzbestimmungen, das sie weder die vom Nutzer eingehenden, noch die vom VPN-Server ausgehenden IP-Adressen speichert. Das Android-Programm ist bis zu 500 MB im Monat kostenlos und erfordert keine Identifikation. Man kann es allerdings nur über GooglePlay downloaden. Die App ist einfach und ohne komplizierte Einstellungen zu nutzen. Man zieht das Schildsymbol nach oben, bis es sich grün färbt und „Geschützt“ meldet. Beide Verfahren, die Verbindung über Tor wie über VPN, sind brauchbar, aber man sollte sich klar sein, auch sie basieren auf Vertrauen. Im Falle des VPN in eine private Firma aus Deutschland, die unter Umständen vom Staat per Gesetz zur Mitarbeit gezwungen werden kann. Im Falle von Tor in ein anonymes Netzwerk von Computer-Freaks, in dem möglicherweise auch Geheimdienstler mitwirken.
Eine anonyme Mobiltelefonnummer ist in vielen Situationen sinnvoll. Unter anderem wird sie auch bei der Anmeldung eines Email-Kontos im Internet erwartet. Diese Nummer anonym zu halten ist bei uns am ehesten über den Kauf einer Prepaid-Simkarte in Supermärkten möglich. Der Einkauf der Prepaid-Karte und Telefon-Guthabens, beispielsweise bei Pennymobil, geschieht problemlos und anonym an der Ladenkasse eines Pennymarktes. Man erhält die Simkarte mit dazugehöriger Telefonnummer, dazu eine Aktivierungsnummer auf dem Kassenbon. Mit dieser Aktivierungsnummer ruft man ( am besten geschützt durch Steganos VPN Shield !) die Webseite www.pennymobil.de auf und gibt dort persönliche Daten wie Name, Adresse, Geburtsdatum ein und die künftige PennyMobilnummer. Die Verifikation erfordert keine Festnetznummer und Emailadresse. Der Nutzername kann ein Pseudonym sein, das Geburtsdatum erfunden. Allein die dort angegebene Strasse, und Hausnummer, sowie der Ort werden per Datenbank gecheckt, ob sie auch existieren. Das ist alles. Und schon hat man eine anonym nutzbare Mobiltelefonnummer, die man jederzeit nennen kann, ohne die eigene Identität preiszugeben.
Schliesslich sollte man neben den öffentlichen und werbefinanzierten Mailadressen auch über eine anonyme Email-Adresse verfügen, die man immer dann nutzen kann, wenn man vertraulich kommunizieren will oder seinen Namen schützen will. In Deutschland bietet Posteo.de zu einem geringen Monatspreis von einem Euro einen weitgehend anonymisiertes Email-Postfach. Dieser Provider fordert bei der Anmeldung keine persönlichen Daten und keine Adresse, er verzichtet generell auf Speicherung von Bestandsdaten und kann damit auch keine an staatliche Behörden herausgeben oder mit ihnen zu Werbezwecken handeln. Posteo speichert keine IP-Adressen der Nutzer und löscht auch jede IP-Adresse des Absenders aus dem Mail-Header eines Posteo-Mails. Darüber hinaus ermöglicht diese kleine Firma eine anonyme Zahlung des Postfachs per Geldschein im Brief. Das ist alles gut durchdacht und verantwortungsbewusst organisiert. Ich kann diesen Provider nur empfehlen.
Daneben gibt es aber noch eine anderen Weg, mit Mails anonym und weitgehend unbeobachtet zu kommunizieren. Das ist die Methode der „toten Briefkästen“, wie man sie aus alten Spionagefilmen kennt. Dafür braucht es ein Webmail-Postfach, das man bei Googlemail oder GMX unter einem Fake-Namen eröffnet. Will man nun mit einer Person einen Mail-Dialog führen, dann gibt man dieser Person Benutzernamen und PIN des Postfachs, schreibt innerhalb des Webmailers seinen Mailtext, schickt ihn allerdings nicht ab, sondern speichert ihn ohne Empfängernamen innerhalb des Postfachs ab – als Entwurf. So kann ihn der „Empfänger“ lesen, wenn er mit der PIN das Postfach öffnet und an Ort und Stelle antworten. Ohne dass eine einzige Mail über das Internet verschickt wird und dabei von irgendwelchen Überwachungs-Organen aus dem Datenstrom abgegriffen werden kann! Allerdings sollte man auch bei dieser Methode darauf achten, nicht die eigene IP-Adresse offenzulegen, wenn man auf das Postfach zugreift. Genau das ist dem amerikanischen General Petraeus passiert, als er auf diesem Weg Liebesbriefe mit seiner Biographin austauschte. Der CIA konnte über die IP die Adressatin herausfinden – und der Arme war seinen Posten los.