Dass Amazon mit dem Ebook-Reader Kindle und seinem Riesenangebot an Ebooks den amerikanischen Buchmarkt aufgemischt hat und jetzt auch den deutschen Buchhandel aufschreckt, wissen die meisten. Weniger bekannt ist jedoch, dass der Konzern mit seinem Leseangebot auch die Käufer überwacht und ausspioniert. Die Geräte und die Kindle-Apps übertragen regelmässig, welche Bücher jemand gelesen hat, wie lange, bis wohin, wo der Leser Markierungen und Anmerkungen gemacht hat. Wer bei Amazon E-Books einkauft, der schmökert nicht mehr privat, er selbst wird „gelesen“, sein Leseverhalten, seine Vorlieben und Interessen, seine Gedanken werden gespeichert. Darum sollte sich ein jeder genau überlegen, ob er sich diesem Konzern ausliefern will. Und die anderen E-Book-Anbieter? Auch Kobo, Ciando oder Buch.de folgen den Spuren des Vorreiters und sammeln laut Lizenverträgen Daten von denjenigen, die eine Ebook-Lizenz erworben haben. Denn dies sollte man sich immer vor Augen halten, ein Ebook kauft man nicht, man erwirbt nur ein Recht, den Text zu lesen. Und der Lizenzgeber kann unter Umständen das Buch löschen, oder verbieten, es auf mehreren Geräten zu lesen, es zu kopieren, uoder was Juristen sonst noch einfällt.
Alles was das Recht auf freies und unbeobachtetes Lesen bewahrt, ist demnach zu stärken. Und darum sollte jeder, der ein Ebook erstellt oder auch kauft, darauf achten, dass er nicht einen Text im Amazon-Format nimmt (AZW), das zwingt, das Buch auf einem Android-Gerät innerhalb einer Kindle-App zu lesen, sondern Texte im offenen Standard EPUB, der für alle freien kostenlosen Texte im Internet verwendet wird. Aber auch von vielen Online-Stores, die das EPUB-Format mit einem Kopierschutz, dem Digital Right Management (ADEPT DRM) von Adobe, verknüpfen. EPUB ist eine komprimierte Zip-Datei mit der Namensendung .epub, die aus mehreren Dateien besteht, darunter dem Inhaltsverzeichnis und den Textdateien im XHTML-Format, das auch auf den Webseiten im Internet genutzt wird. Das macht dieses Format nicht nur für „Maschinen“ und Computer-Experten lesbar, sondern auch für den Durchschnittsnutzer. Und was Adobes DRM betrifft, so sind schon seit 2009 Tips im Internet verbreitet, wie man die mit Adobes privaten Schlüssel geschützten EPUB-Dateien vollständig entschlüsseln und ohne DRM neu abspeichern kann.
Als OpenSource-Reader für Bücher im EPUB-Format (allerdings nicht für PDF) ist FBReader zu empfehlen. Die App kann bei F-Droid heruntergeladen werden. Oder auch von der eigenen Webseite. Das Programm zeichnet sich durch grosse Flexiblität aus. Seitenränder, Textdarstellung, Hintergrundfarbe – alles kann präzise eingestellt werden. Und auch andere Schriftarten, etwa die TrueType-Fonts (.ttf) aus dem Verzeichnis c:\windows\fonts des Computers, können problemlos installiert werden. Überträgt man sie in das Schriftartenverzeichnis des FbReaders, so sind auch sie als Leseschriften definierbar. Der Reader scannt alle Buch-Dateien, die man ins Bücher-Verzeichnis geladen oder kopiert hat, und organisiert die dort gesammelte Bibliothek nach Autoren, Titeln, Schlagworten. Und über das Menü „Netzwerk-Bibliothek“ ist der Reader mit zahlreiche Internet-Katalogen verbunden, die dem OPDS-Standard entsprechen, etwa das internationale Projekt Gutenberg oder Internet Archive, von denen man sich dann weitere copyright-freie EPUB-Dateien herunterladen kann.
Allerdings sind zwei der wichtigsten Datenbanken mit freien deutschsprachigen Texten nicht für den EPUB-Download eingerichtet. Das Projekt Gutenberg-DE auf Spiegel-Online und die Online-Bibliothek Zeno.org präsentieren ihre Texte allein als Sammlungen von HTML-Seiten, die man nur online lesen kann. Doch auch hier gibt es Hilfe, das kleine Windows-Tool Ebola von Lars Bremer sammelt von den Servern alle HTML-Seiten des gewünschten Buches und konvertiert sie in der richtigen Reihenfolge in das Epub-Format. Das funktioniert sehr gut, allein am Buch-Cover und am Inhaltsverzeichnis muss man noch ein wenig nachbessern. Aber das ist nicht aufwendig, wenn man auf dem häuslichen Computer auch Calibre installiert hat, jene universelle OpenSource-Software, mit der man seine E-Books verwalten, bearbeiten, synchronisieren und konvertieren kann.
Es macht Sinn, die gesamte persönliche Epub-Bibliothek auf einem Windows-Computer oder einem Netzwerk-Server zu archivieren und die einzelnen Texte, die man auf dem Smartphone lesen will, per WLAN zum FBReader zu übertragen. Dazu ist es notwendig, auf dem Mobilgerät das FBReader-Plugin Local-Network-Scanner zu installieren, das den eigenen Calibre-Katalog im häuslichen WLAN erreichbar macht. Und im Calibre-Programm auf dem Computer trägt man zunächst unter „Einstellungen/Verhalten von Calibre ändern/Netzwerk-Server“ den Benutzernamen und Passwort ein. Und dann startet man den Inhalte-Server, indem man die „Server starten“-Taste drückt und die IP-Adresse des Servers notiert (beispielsweise 192.168.1.2.). Anschliesssend kann auf seinem Mobilgerät unter der Funktion „Katalog hinzufügen“, diese URL „http://192.168.1.9:8080/opds“ eintragen. Den Nutzername und das Passwort eingeben, die Verbindung zum persönlichen Calibre-Katalog aufnehmen. und die Bücher herunterladen.
Mit Calibre kann man, wie bereits erwähnt, Texte aus den unterschiedlichsten Formaten in ein EPUB-Book konvertieren. Etwa aus Word-Dokumenten. Aber auch Internetseiten, die man im Firefox-Browser (am besten im einspaltigen Lesemodus) als PDF-Datei abgespeichert hat. Dazu lädt man die Pdf-Datei als „Buch“ nach Calibre, drückt die Menütaste „Bücher konvertieren“ und wählt in dem Konvertierungsfenster als Ausgabeformat „EPUB“. Nicht immer versteht dabei das Konververtierungs-Programm korrekt, was eine Zeilenumbruch oder ein Absatz war, aber das kann man mit wenigen Mitteln korrigieren. Zwar hilft auch hier Calibre, aber dessen Editor ist kompliziert, und nicht jeder will sich immer in ein 300-seitiges Tutorial vertiefen. Darum nutze ich zur Korrektur nur Calibres Funktion, ein Titelbild einzufügen. Man klickt auf die Taste „Metadaten bearbeiten“ und kann dann im Bearbeitungsfenster ein eigenes Coverbild zu erstellen oder aus dem Netz zu importieren. Für alle weiteren Arbeitsschritte, beispielsweise die Korrektur des Inhaltsverzeichnisses, aber empfehle ich einen einfachen OpenSource-Editor, der die „Handarbeit“ an E-Books weit übersichtlicher und eingängiger präsentiert als Calibre: das ist der Sigil-Editor. Wenn es um Feinarbeit geht, dann schlägt dieses kleine Werkzeug das universelle Ebook-Paket Calibre, das mit seiner Funktions-Vielfalt beeindruckt, aber manchmal auch „erschlagen“ kann.